BAG: Arbeitgeber dürfen bei Elternzeit von Mitarbeitern deren Urlaubsanspruch kürzen

Dresden
16.12.2019

 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 19.3.2019 (Az: 9 AZR 495/17) erneut zur Problematik der Kürzung des Urlaubsanspruchs in der Elternzeit entschieden und hierbei die Vereinbarkeit von § 17 BEEG mit Unionsrecht betätigt.

Gem. § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG kann der Arbeitgeber den Urlaub, welcher dem/der Arbeitnehmer/In für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen.

Im zugrunde liegenden Fall hat eine Arbeitnehmerin, die seit 2001 als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt war, ihr Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2016 gekündigt. In der Zeit von Januar 2013 bis Dezember 2015 hatte sie sich durchgehend in Elternzeit befunden. Mit ihrer Kündigung machte die Arbeitnehmerin Urlaubsansprüche geltend und bezog hier auch die während der Elternzeit entstandenen ein. Der Arbeitgeber berücksichtigte den auf die Elternzeit entfallenen Urlaub nicht. Die Klägerin machte daraufhin die ungekürzten Urlaubsansprüche gerichtlich geltend und berief sich hierzu auf die Europarechtswidrigkeit der Kürzungsnorm des § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG. Die Klage blieb ohne Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht befand, dass die Kürzung des  während der Elternzeit entstandenen gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs mit Unionsrecht in Einklang steht. Der Europäische Gerichtshof hatte im Oktober 2018 entschieden, dass Arbeitnehmer, die wegen Elternzeit nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet waren, nicht Arbeitnehmern, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben, gleichgestellt werden müssen  (EuGH 4. Oktober 2018 - C -12/17-Dicu Rn. 29 ff.)

Die Kürzung des Urlaubsanspruches für jeden Monat der Elternzeit um ein Zwölftel erfordert eine empfangsbedürftige rechtsgeschäftliche Willenserklärung des Arbeitgebers. Diese kann ausdrücklich oder stillschweigend abgegeben werden. Dafür ist es z. B. ausreichend, dass wie im vorliegenden Ausgangsfall, der ArbeitnehmerIn - abweichend von ihrem Urlaubsverlangen - nur der gekürzte Urlaub gewährt wird oder für sie erkennbar ist, dass der Arbeitgeber sein Kürzungsrecht ausüben will.

Grundsätzlich gilt weiterhin zum Urlaubsanspruch, den die Arbeitnehmerin vor Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten hat, dass der Arbeitgeber diesen gemäß § 17 Abs. 2 BEEG zu gewähren hat. Die Vorschrift regelt eine Ausnahme vom Grundsatz, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr bzw. in der Übertragungszeit bis 31. März des Folgejahres gewährt und genommen werden muss. Hierbei handelt es sich um eine Sondervorschrift, die von den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes (BurlG) zum Urlaubsjahr abweicht.

Hierfür ist eine rechtsgeschäftliche Erklärung erforderlich, die der ArbeitnehmerIn zu gehen muss. Die Regelung setzt aber voraus, dass der Anspruch auf den Urlaub in natura beim Zugang der Kürzungserklärung noch besteht. Dies ist dann nicht mehr der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und die ArbeitnehmerIn Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat. Da der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht der Kürzung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG unterliegt, kann der Arbeitgeber dann sein Kürzungsrecht nicht mehr wirksam ausüben. Nur im bestehenden Arbeitsverhältnis steht ihm dieses Recht zu, sodass er vor, während oder nach dem Ende der Elternzeit die Kürzung erklären kann. Ist das Arbeitsverhältnis bereits beendet, muss der Arbeitgeber den gesamten noch bestehenden Anspruch der ArbeitnehmerIn abgelten.

Dr. Kerstin Rudolph, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht